von Franz Lüttgen, Welschbillig
Was bedeutet der Name Welschbillig?
Als Einwohner von Welschbillig wird man von Auswärtigen oft gefragt, was der Ortsname bedeute. Er besteht aus den Teilen „Welsch“ und „Billig“.
Zum Namensteil „Billig“: Die erste Namensnennung des Ortes stammt (wahrscheinlich) schon aus der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts, als der merowingische König Dagobert I. Billiacum und andere Orte aus der Nachbarschaft dem Trierer Stift St. Paulin übereignete. Als König hatte er die Rechte der römischen Kaiser geerbt, und zu diesen zählte ganz offensichtlich der Bereich der sog. Langmauer als Staatsbesitz, in dem diese Orte liegen. Billiacum, war in den folgenden Jahrhunderten in unterschiedlichen Schreibweisen wie Pilliche der Ortsname. Billig-Orte gibt es eine ganze Anzahl, ein Billig bei Euskirchen, ein Pillig im Maifeld und Billig in Kombinationen wie Wasserbillig. Es ist nicht leicht auszumachen, ob dieser Ausdruck auf die römische Provinzbezeichnung Belgium als einen von drei Teilen Galliens oder wegen der Endung „-acum“ auf die Gründung oder den Besitz einer Person namens Billig verweist. Das bedeutet, dass wir nicht wissen, ob der Ortsname „Billig“ noch aus römischer oder früherer Zeit stammt oder aus der Zeit der fränkischen Landnahme im 5. und 6. Jahrhundert. Immerhin, nach den Zerstörungen der spätrömischen Villa mitsamt dem Hermenweiher haben Gräberfunde erwiesen, dass der Ort kontinuierlich seit der Römerzeit besiedelt geblieben ist, was für einen römischen oder keltischen Ursprung des Wortes Billig spricht.
Zum Namensteil „Welsch“: Wolfgang Jungandreas meint in seinem „Historischen Lexikon der Siedlungs- und Flurnamen“, S. 1110, der Namensteil „Welsch“ zeige, dass in diesem Ort „noch spät Romanen (Welsche) saßen“. Eduard Lichter aber sagt, dass der „gerne unterstellte Sinn des Fremdländischen nicht bewiesen werden kann“ (Landeskundliche Vierteljahrsblätter 1963, S. 10). Seine „persönliche Überzeugung“ beschrieb Lichter so: „Die Römer mögen einst Gefallen an dem herrlichen Talblick gefunden haben und das Gebiet um Welschbillig einfach ‚vallis’ (= Tal) genannt haben“ (a.a.O., S. 7; so auch in: Welschbillig und Umgebung, S. 4). Er fand als Bestätigung aus dem Jahre 1491 folgende Formulierung: „Vallisbiliacum vulgo Welschbilligh“.
Die Wortkombination „Welschbillig“ wurde schon 1231 (damals geschrieben Welspilliche) gebraucht, wohl zur Unterscheidung von anderen Billig-Orten. Im Jahre 1291 hat dieser (Burg-) Ort zusammen mit Bernkastel, Mayen, Montabaur, Saarburg und Wittlich Stadtrechte erhalten. Diese waren gerichtet gewesen an die Einwohner in und um die Burgen, um die eine Stadtmauer gezogen wurde. Im Bereich des Staates Kurtrier und in der Umgebung wurden im 14. Jahrhundert noch einer ganzen Reihe von Niederlassungen in der Nähe von Höhenburgen Stadtrechte im kleineren Format verliehen, und deshalb wurden diese Orte mit „Tal“ gekennzeichnet wie Thal-Ehrenbreitstein (heute Ehrenbreitstein). Thalveldenz zeigt im Ortsnamen noch heute diesen Zusammenhang. Welschbillig konnte sich in der Folgezeit nicht wie die fünf anderen Orte zu einer wirklichen Stadt entwickeln. Es behielt aber seine Stadtrechte in der minderen Form eines „Tals“, auch wenn es um eine Wasserburg angesiedelt war, und es hieß dementsprechend „Vallisbiliacum“. So kann die „persönliche Überzeugung“ Lichters hiermit bestätigt werden, allerdings weniger wegen der Tallage Welschbilligs, sondern wegen seines juristischen Status als „Burggemeinde“ zwischen Stadt und Dorf.
Zu dieser Deutung muss aber eine eingeschränkt werden: Die erste Nennung von Welspilliche stammt aus der Zeit vor der Verleihung der Stadtrechte. Lichter hatte geschrieben: „Eine einleuchtende Erklärung des Bestimmungswortes Welsch gibt es noch nicht“ (Welschbillig und Umgebung, S. 2). Vielleicht leuchtet die hier angebotene Erklärung ein wenig ein.
Als Ergebnis ist zu konstatieren: Für „Billig“ gibt es zwei in sich schlüssige Deutungen, für „Welsch“ wird hier eine neue Deutung angeboten.
Als die ersten römischen Hermen in Welschbillig gefunden wurden
Georg Bärsch war seit 1819 der erste preußische Landrat des Kreises Prüm und später Regierungsrat in Trier. Er entwickelte großes Interesse, das sich theoretisch in eingehenden Studien zur Geschichte der Eifel und praktisch in einem unermüdlichen Einsatz zur Verbesserung der rückständigen wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse dieses Raumes niederschlug. Bis heute berühmt ist er durch das mehrbändige Werk „Eiflia illustrata oder geographische und historische Beschreibung der Eifel“. In „des dritten Bandes zweite Abteilung, erster Abschnitt“, S. 532-535, erschienen im Jahre 1854, ist Folgendes zu lesen:
„Welschbillig, 1¾ Meilen von Trier in nordwestlicher Richtung entfernt, am Mordbache [!], dessen Spiegel an der Brücke 780 Fuß Höhe hat. Welschbillig ist gewiss ein sehr alter Ort und war schon unter römischer Herrschaft bedeutend. Im Jahre 1839 fand man bei dem Baue eines Hauses zu Welschbillig an verschiedenen Stellen römisches Gemäuer, unterirdische Gemächer, zu welchen steinerne Treppen hinabführten, Münzen usw.
Weit wichtiger war ein Fund, welchen man im Sommer des Jahres 1844 machte. In den auf dem Burggute befindlichen Überresten der alten Burg stieß man bei der Ausbesserung der Scheunentenne auf die Stufen einer Treppe, welche in ein kellerartiges Gemach führte. Dieses Gemach war von regelmäßigem, mit noch gut erhaltenen Farben übertünchtem Mauerwerke umschlossen und mit einer Masse von Asche und verkohltem Getreide angefüllt. Als man die Asche wegräumte, fand man auf dem Estrichboden des Gemaches, von einer Steinplatte bedeckt, sieben große Steinbilder mit ausgebildeten Köpfen und vierseitigen pfeilerartigen Verlängerungen nebeneinander gereiht. Zwei von diesen Bildpfeilern wurden vollständig heraufgeschafft, vier derselben die Köpfe abgeschlagen, den siebenten Bildpfeiler legte man wieder in die Grube und verschüttete dieselbe.
Bei fortgesetzten Nachgrabungen fand man noch einen Bildpfeiler in dem an die Scheune angrenzenden Hofraum. Es ergab sich dabei, dass unter dem Hofe der Burg sich ein großes, mit schweren Steinplatten gepflastertes Souterrain erstreckt, in welchem unmittelbar über dem Grundpflaster eine fußhohe, mit zahlreichen Gebeinresten vermischte kalkhaltige Masse gelagert ist. Die ausgegrabenen Gebeinreste waren zum Teil menschliche, zum Teil rührten sie von Tieren her. In einem an das große Souterrain angrenzenden kleinen kellerartigen Behältnisse sollen sieben oder acht Urnen aus gebranntem Tone mit einigen Verzierungen aufgefunden oder zerschlagen worden sein. Außer einem neunten, aber in mehrere Stücke zerbrochenen Steinbilde fand man eine große Sandsteinplatte mit [einer] Inschrift, die mit schönen Schriftzügen eingemeißelt war. […] Die Bilder bestehen aus weißem […] Jurakalke und sind Hermen, an welchen nur der Kopf und Hals ausgebildet sind. Unmittelbar darunter hebt der vierseitige pfeilerartige, am unteren Ende in einem Zapfen auslaufende Unterteil an. […]
Im Jahre 1846 wurden bei einer anderweitigen Ausgrabung in der Scheunentenne, unweit der Fundstätte der zuerst entdeckten Hermen, noch zwei diesen ähnliche Steinbilder gefunden. Die gefundenen Hermen befinden sich jetzt im Museum zu Trier. In einem Garten in der Nähe des Burghofes zu Welschbillig hat man im Jahre 1846 die Substruktionen eines römischen Wohngebäudes mit verschiedenen Gemächern, mit Heizvorrichtungen (Hypokausten), Fußböden aus Estrich und zertrümmerter Mosaik, Wasserleitungen, Kelteranlagen usw. aufgedeckt.“
Das erwähnte Museum in Trier ging auf eine Bürgerinitiative zurück, den Verein für nützliche Forschungen. Ohne das ehrenamtliches Engagement ihrer Mitglieder wären viele römische Funde verloren gegangen.
Das Weiterbestehen von Welschbillig nach der Eroberung durch die Franken
Der im Jahre 1992 verstorbene Ferdinand Pauly hat sich sein ganzes Leben lang mit der Geschichte, speziell der jeweiligen Pfarrgeschichte, im weiten Bereich des Trierer Bistums befasst, nachzulesen im zehnbändigen Werk „Siedlung und Pfarrorganisation im alten Erzbistum Trier“. Im dritten Band, „Das Landkapitel Kyllburg-Bitburg“, Trier 1963, S. 211, schreibt er über Welschbillig:
„Der Ortsbezirk ist altes Siedlungsgelände. In ihm entstand um die Mitte des 2. Jahrhunderts eine große römische Villenanlage, die in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts zerstört wurde, nach ihrem Wiederaufbau aber eine neue Blütezeit im 4. Jahrhundert erlebte, für die vor allem der damals angelegte Ruderteich mit seinen Dutzenden von Hermen – Darstellungen von Römern, Kelten Germanen und Asiaten – spricht. Ein Viergötterstein und ein Altar des Lenus Mars kamen aus dem Schutt über dem Hermenteich ans Licht. Im Nordteil der Villa fanden sich Scherben des frühen 5. Jahrhunderts und solche aus fränkischer Zeit. J[osef] Steinhausen hat die Vermutung geäußert, dass die Villa in spätrömischer Zeit ein kaiserliches Schloss inmitten der großen Gestütsdomäne des sie umgebenden Langmauerbezirks gewesen sei. Die 125 Meter westlich der fränkischen Gräber gelegene Pfarrkirche St. Peter ist ebenfalls noch im Bereich der Villa erbaut, wie die Estrichböden zeigen, die auf dem sie umgebenden Friedhof mehrfach angetroffen wurden. Diese Tatsache und das Petruspatrozinium der Kirche machen es wahrscheinlich, dass deren Wurzeln bereits in spätrömische Zeit zurückreichen. […] Für unsere Untersuchung von großer Bedeutung ist nicht nur die Tatsache, dass die Kirche im Bereich der römischen Villa entstand, sondern auch das dicht bei der Kirche gelegene fränkische Gräberfeld, das vom Ende des 5. bis in das 7. Jahrhundert belegt worden ist. Man darf deshalb – wenn Welschbillig das Verwaltungszentrum einer großen Kaiserdomäne war – mit guten Gründen annehmen, dass das in Trier in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts so siegreich in Erscheinung tretende Christentum bis zum Ausgang der Römerherrschaft Ende des 5. Jahrhunderts auch bis nach Welschbillig vorgedrungen war und dass die dort sich niederlassenden fränkischen Eroberer in kurzer Zeit christianisiert waren, so dass in der christlichen Kontinuität kein Bruch eingetreten ist.“
Die „christliche Kontinuität“ bedeutet zugleich eine volksmäßige Kontinuität. Zwar ging der Übergang von den Römern zu den Franken nicht ohne Blutvergießen und Verwüstungen vor sich, und die Franken brachten „heidnische“ Vorstellungen mit. Aber die hier wohnende, zum großen Teil schon christianisierte galloromanische Bevölkerung wurde nicht vertrieben, sondern vermischte sich in den folgenden Jahrzehnten mit den fränkischen Neubürgern. In den Weinbaugebieten der Mosel wurde noch Jahrhunderte lang lateinisch – vergleichbar dem Altfranzösischen – gesprochen, möglicherweise auch in den Kastellorten Bitburg, Echternach und Neumagen oder in Welschbillig.
Wie der Ort sich weiterentwickelt hat, skizziert Pauly folgendermaßen: „Nach einer im 11. Jahrhundert aufgezeichneten und glaubhaften Trierer Tradition schenkte König Dagobert I. († 639) der Kirche des hl. Paulinus in Trier die Orte Billig, Sülm, Röhl, Newel und Möhn. […] Das ‚Billig’ der Dagobertstiftung ist einhellig als Welschbillig angesprochen worden, und ‚Billig’ war ohne Zweifel auch der Hauptort der mit der Schenkung verbundenen anderen Orte. […] In Welschbillig bestand um die Mitte des 13. Jahrhunderts eine Burg der Trierer Erzbischöfe. Dem Ort wurde 1291 auf Bitte des Erzbischofs Boemund durch Rudolf von Habsburg das Stadtrecht verliehen. Seit dem 14. Jahrhundert erscheint Welschbillig als Verwaltungssitz des gleichnamigen kurtrierischen Amtes. Alle Orte der Pfarrbezirke Welschbillig, Ittel, Dahlem-Trimport und Sülm – ausgenommen Scharfbillig und in gewisser Weise auch Trimport – unterstanden der kurtrierischen Landeshoheit im Amt Welschbillig“ (a.a.O., S. 208f.).
Der heilige Petrus und die frühmittelalterliche Geschichte Welschbilligs
Im Jahre 1973 starb als Pfarrer von Butzweiler Dr. Nikolaus Kyll, der sich ein ganzes Leben lang mit der Geschichte des Trierer Landes beschäftigt hat. Viele seiner Untersuchungen sind nach wie vor aktuell. Immer wieder hat er sich auch mit Welschbillig befasst. Was er über die Anfänge dieser Pfarrei zusammengetragen hat, sei hier vorgestellt.
Sowohl der Trierer Dom als auch die Pfarrkirche von Welschbillig sind dem heiligen Petrus geweiht. Man nennt dies das Petruspatrozinium. Der Dom von Trier, im 4. Jahrhundert erbaut, besitzt offensichtlich von Anfang an dieses Patrozinium. Kyll schrieb als junger Kaplan: Die Petrusverehrung dürfte für das platte Land „als Signatur Trierer Missionsstrebens zu werten sein, indem der […] gemeinsame Heilige den Sender und Gesandten der christlichen Frohbotschaft schon durch dieses Patrozinium in einen äußerlichen Zusammenhang bringt“ (Pastor bonus 1938, S. 289). Er meinte mit besonderem Blick auf Welschbillig: „Wenn der Kreis der Martinskirchen im Trierer Lande etwa um 600 anhebt, zeigt dann manches Patrozinium des hl. Petrus noch früher, wohl ins sechste Jahrhundert, und ist dann ein wichtiges Zeugnis heimischer Christianisierung. […] Der Patron Petrus deutet auf eine frühe Kirche hin, die Marx als Sitz einer Großpfarrei schon für die Zeit vor 750 wahrscheinlich macht. Volle Aufmerksamkeit erheischt der Frankenfriedhof im heutigen Ortsbilde, etwa 100 bis 150 m östlich der alten Kirchenstelle. Das alles zeigt für Welschbillig, das Steinhausen auch für die Zeit der fränkischen Landnahme als Verwaltungszentrum des Landmauerbezirkes für möglich hält, die Möglichkeit einer frühmerowingischen Kirche an“ (a.a.O., S. 337-339). Kyll beruft sich hierbei auf Jakob Marx, Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier, Bd. 1, S. 88, und Josef Steinhausen, Archäologische Siedlungskunde des Trierer Landes, S. 543.
Kyll weist in seinem Aufsatz auf weitere Petruskirchen im Trierer Raum hin: Temmels, Ehrang, Bitburg, Altbettingen, Neumagen, Kaimt, Kröv, Merzig, Andernach, Remagen. Zusätzlich seien genannt: Echternach, Sülm, Alsdorf, Nusbaum, Boppard, Sinzig, wobei im Einzelfall genau zu prüfen ist, ob das Petruspatrozinium aus dieser frühen Zeit stammt. Daraus lässt sich eine Trierer Missionsstrategie in der Zeit der Bischöfe Nicetius und Magnerich im 6. Jahrhundert ableiten, indem Hauptorte entlang von Mosel, Saar und Rhein sowie der südlichen Eifel vom heiligen Petrus als Trierer Domänen „besetzt“ wurden.
Kyll vermutet in einem späteren Aufsatz mit Kurt Böhner für Welschbillig „in spätrömischer Zeit eine kleine christliche Gemeinschaft, die aber wahrscheinlich zu der Bischofskirche in Trier in Bindungen stand und keine eigene organisierte Gemeinde bildete. Bei ihren Missionsbestrebungen unter den fränkischen Neusiedlern konnte die Trierer Kirche um die Mitte des 6. Jahrhunderts diese christliche Gruppe aus den unmittelbaren Beziehungen zur Trierer Bischofskirche entlassen und eine Peterskirche in Welschbillig als Tauf- und Missionskirche verselbständigen. […] Die Dagobertschenkung in Verbindung mit Petrus als dem Patron der Trierer Domkirche verrät bei der Christianisierung und frühen kirchlichen Organisation der südlichen Westeifel offenbar ein Zusammenwirken von König und Bischof“ (Rheinische Vierteljahrsblätter 1961, S. 227f.). Hingewiesen wird hier auf Kurt Böhner, Die fränkischen Altertümer des Trierer Landes, Bd. 1, S. 315, und auf die wahrscheinliche Schenkung von Welschbillig und Nachbarorten an das Stift St. Paulin in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts.
Zusammenfassend kann man aus den angeführten Studien Kylls ableiten, dass in Welschbillig möglicherweise schon in spätrömischer Zeit eine christliche Gruppe lebte, dass dann im 6. Jahrhundert im Zuge einer allgemeinen Christianisierung des „platten Landes“ in Welschbillig eine Petruskirche erbaut wurde, deren Patrozinium sich bis heute gehalten hat und auf das die „Petersleute in Pilliaco“, wie die hiesigen Einwohner im Mittelalter einmal genannt wurden (Eduard Lichter, Welschbillig und Umgebung, S. 35), stolz sein können.
Donatus als zweiter Pfarrpatron von Welschbillig
Als zweiter Kirchenpatron nach dem heiligen Petrus wurde der heilige Donatus am 9. Juli 1766 vom damaligen Trierer Weihbischof von Hontheim offiziell in der Pfarrei Welschbillig eingeführt (Eduard Lichter, Welschbillig und Umgebung, S. 139). Während der erste Pfarrpatron hier mindestens 1400 Jahre lang verehrt wird, sind es bei Donatus knapp 250 Jahre.
Aber wer war der heilige Donatus? Es handelt sich um einen römischen Katakombenheiligen, von dem man nur weiß, dass er wohl ein Märtyrer gewesen ist. Seine Gebeine wurden im Jahre 1652 in die Jesuitenkirche zu Münstereifel übertragen. Bei dieser Übertragung entstand in Euskirchen ein Gewitter, bei dem der Jesuit P. Heerde durch einen Blitz schwer verletzt wurde. Seine Genesung führte er auf die Fürsprache des heiligen Donatus zurück. Das war der erste Anstoß dafür, „Donatus zum Gewitterpatron zu stempeln“. Das schrieb der ehemalige Prorektor am Lehrerseminar in Boppard Andreas Schüller in: Pastor bonus 1928, S. 436.
In seinem Aufsatz „Donatus als rheinischer Gewitter- und Feuerpatron“ heißt es weiter: „Mannigfache übernatürliche Schutzmittel wandte das Volk gegen Blitz und Feuersbrunst an. In geheimnisvollem Schauer stand es diesen noch unerklärten Naturmächten gegenüber. Beim offenen Herdfeuer, bei den Holz- und Fachwerkwänden, bei den Strohdächern waren Brände häufiger als heute. Da der Mensch ganz transzendental eingestellt war und so in jeder Not zunächst Hilfe vom Himmel erwartete, richtete sich auch bei den entfesselten Naturgewalten zuerst der Blick nach oben“ (a.a.O., S. 435).
In der notvollen Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde, angeregt durch das Vorkommnis mit P. Heerde, Donatus immer mehr als Gewitterpatron verehrt. Dabei spielte eine Rolle, dass Donner und Donatus ähnlich klingen. Die Jesuiten machten dafür Propaganda mit dem Verschenken von Donatusreliquien, die das Feuer aufhalten sollten. „So ist es zu verstehen, dass Donatus öfter als Nebenpatron gewählt wurde“ (a.a.O., S. 446). Dass dem Donatuskult eine Gefahr zum Aberglauben innewohnt, wurde schon im 18. Jahrhundert erkannt. Nachdem dann im Jahre 1773 der Jesuitenorden aufgehoben worden war, verstummte auch langsam die Donatusverehrung. Sie hielt sich aber in reinen Bauerndörfern noch lange, und so wird in Welschbillig im Juli die Donatuskirmes gefeiert, obwohl der heilige Petrus der eigentliche Pfarrpatron ist.
Schüller schreibt weiter: „Nachdem dann der unbekannte urchristliche Märtyrer Donatus nun einmal zum Blitz- und Donnerpatron gestempelt war, begann das Rankwerk der geschäftigen Legende sich auszubreiten. Nur die wesentlichsten Züge derselben wollen wir mitteilen: Eine vornehme und reiche römische Offiziersfamilie war kinderlos. Das Ehepaar gelobte Christ zu werden, wenn ihm ein Sohn geschenkt werde. So geschah es. Das Kind wurde daher Donatus (der Geschenkte) genannt. Herangewachsen, wurde der Sohn Offizier der XII. Legion. Als diese in der höchsten Not des Verschmachtens dem Feinde gegenüberstand, ließ Donatus die Christen des Heeres um Regen beten. Ein plötzlich hereinbrechendes Gewitter brachte Rettung. Daher führte von nun an die XII. Legion den Namen Legio fulminatrix. Als Donatus später Oberster der kaiserlichen Leibwache war, verliebte sich die Enkelin des Kaisers Mark Aurel in ihn. Donatus aber lehnte eine Verbindung ab, weil er Jungfräulichkeit gelobt hatte. Der erzürnte Kaiser ließ nun auf die Intrigen seiner verschmähten Enkelin hin seinen Obersten Donatus enthaupten“ (a.a.O., S. 438f.).
Mich hat immer gewundert, dass die Kirmes = Kirchweihe in Welschbillig am Fest des zweiten Kirchenpatrons gefeiert wird. Der offizielle Tag des heiligen Donatus ist der 30. Juni, das Fest des heiligen Petrus wird einen Tag früher gefeiert. Nachdem nun die Donatuskirmes auf den ersten Sonntag im Juli vorverlegt worden ist, könnte man auf den Gedanken kommen, in der Zukunft eine Petrus-Donatus-Kirmes an diesem Termin zu feiern.
Welschbillig als Amtsort
In Welschbillig steht ein „Amtshaus“, gebaut zu Beginn des 18. Jahrhunderts, im Bereich der ehemaligen Burg. Bis zum Jahre 1970 war Welschbillig auch ein Amtsort. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem „Amt“ aus der Zeit vor der Französischen Revolution und der kommunalen Verwaltungsstelle des 19. und 20. Jahrhunderts?
Das Amtshaus steht nicht von ungefähr auf dem Burggelände; hatte doch der Amtmann die Aufgabe, die Dörfer im Umkreis der Burg zu verwalten. Welschbillig liegt mitten in dem Teil des ehemaligen weiträumigen Langmauerbezirks, der dem Trierer Erzbischof und verschiedenen Klöstern als territorialer Grundbesitz gehörte. Mit der Zeit bildete sich im Früh- und Hochmittelalter das Gebiet im Besitz des Bischofs zum Kurfürstentum Trier aus als weltlicher „Staat im Staate“ des deutschen Königreiches. Ein wesentliches Mittel zur Erwerbung, Verteidigung und Erweiterung eines solchen Territoriums waren lange Zeit die Burgen.
„Die erste Befestigung im Ort ist schon für die Zeit Erzbischof Hillins (1152-69) bezeugt. Erzbischof Arnold von Isenburg (1242-59) ließ ‚vier große Thurn bauen, umb das Schloss Billich zu defendieren’. Auch die Nachfolger Heinrich von Finstingen (1260-86) und Boemund von Warsberg (1289-99) bauten die Festung weiter aus. […] Der Wohnpalast befand sich in der Gegend der jetzigen Pfarrkirche. Im rechten Winkel hieran anschließend lagen in Richtung auf das 1711 erbaute kurtrierische Amtshaus (jetzt Pfarrhaus) die Ökonomiegebäude. […] Ein ungefähres Bild von der alten Burganlage können wir uns nach dem bekannten Stadtsiegel von 1364 machen“ (Eduard Lichter, Welschbillig und Umgebung, S. 43f.).
Das bischöflich-weltliche Territorium wurde in Ämter aufgeteilt. Viele dieser Ämter waren in Burgen untergebracht, so in Baldenau, Grimburg, Hammerstein, Hunolstein, Kyllburg, Manderscheid, Saarburg usw., auch in Welschbillig. „Bald nach der Stadtwerdung im Jahre 1291 wurde Welschbillig auch Sitz eines Amtes. Ein Amtsverwalter versah die Geschäfte, besonders wenn der Domdechant zugleich Amtmann war. Der Kellner war im 18. Jahrhundert meist auch Palastkellner in Trier. Weitere Beamte waren der Beisitzer, Actuarius, Physicus (Arzt), Bote, Schreiber und Spezialeinnehmer“ (a.a.O., S. 46).
Kürzlich haben die „Heimatfreunde“ folgendes Buch erworben: Peter Brommer, Die Ämter Kurtriers. Grundherrschaft, Gerichtsbarkeit, Steuerwesen und Einwohner. Edition des sogenannten Feuerbuchs von 1563, Mainz 2003. Es handelt sich um die Beschreibung von 24 Ämtern des kurtrierischen Landes aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Darin sind folgende Orte des Amtes Welschbillig behandelt: Welschbillig, Möhn, Sülm, Röhl, Palzem, Mühle Loskyll, Hinkel, Rosport, Hofweiler, Dahlem, Ittel, Idesheim, Kyll, Idenheim, Gilzem, Eisenach, Olk, Newel, Trierweiler, Niedertrierweiler, Udelfangen, Kersch, Beßlich, Hof Wellkyll, Kimmlingen, Trimport und Born. Der Umfang des alten Welschbilliger Amtes ist demnach mit dem eines späteren Landkreises zu vergleichen.
Nach dem Untergang Kurtriers links des Rheins im Jahre 1794 gehörte Welschbillig 1801 bis 1815 mit weiteren 55 Gemeinden zum französischen Kanton Pfalzel. 1815 kam es zur preußischen Rheinprovinz und wurde wiederum Amtsort. Aber nicht mehr das alte Amtshaus, mittlerweile Pfarrhaus, wurde Verwaltungszentrum, sondern ein neues Gebäude, Burgstraße 14. Aus den Orten Eisenach, Gilzem, Hofweiler, Ittel, Möhn und Welschbillig, die zum kurfürstlichen Amt gehört hatten, sowie Edingen, Godendorf, Menningen, Minden, Ralingen und Wintersdorf wurde das neues Amt Welschbillig gebildet. Im Jahre 1970 wurden dann Welschbillig und Umgebung in die Verbandsgemeinde Trier-Land „eingemeindet“.
In gewisser Weise kann man demnach das Amt Welschbillig in der Zeit von 1815 bis 1970 als einen Nachfolger des kurtrierischen Amtes gleichen Namens ansehen.